Reifengeschäft
So klingeln bei Garagisten die Kassen
21. September 2022 agvs-upsa.ch – Hartmut Hennig berät seit 1998 Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zusammen mit seinem Team ist er darauf spezialisiert, Prozesse zu optimieren, um mehr Umsatz und Ertrag zu generieren. Auch und gerade im Autogewerbe. Er sagt: «In den meisten Fällen wird nur der angefragte Bedarf der Kunden gedeckt» – dabei gehe es doch darum, Bedürfnisse zu entdecken und zu wecken.
Bedürfnisse entdecken und wecken, statt nur den angefragten Bedarf der Kunden decken: Hartmut Hennig, Unternehmensberater und Prozessoptimierer. Foto: didactic-network
kro. Wo steckt grundsätzlich am meisten zusätzliches Potenzial in einem Autohaus? Anders gefragt: Wo stehen sich die Unternehmer im Autogewerbe am meisten selbst im Weg?
Hartmut Hennig: Die aktiven und die progressiven Unternehmer gehen jeden Tag ins Geschäft um erfolgreich zu bleiben oder zu werden und Potentiale auszuschöpfen. Dabei hat sich das «Tagesgeschäft», und damit meine ich das Kundenverhalten, deutlich verändert. Manche sprechen gerne vom «hybriden Kunden», dessen Kauf- bzw. Entscheidungsverhalten sich verändert hat. Im Zusammenhang mit dem Produkt Reifen richtet sich der Verbraucher nach wie vor am Preis aus. Sich mit den notwendigen Leistungen und Angeboten darauf einzustellen, gelingt nur dann, wenn sich Unternehmen flexibel bewegen können. Ein anderer Punkt sind die täglichen Arbeiten im Geschäft, deren Delegation nicht im möglichen Umfang genutzt wird: Zu vieles ist «Chefsache»… Wir überlegen gemeinsam mit unseren Kunden, wie hoch der momentane Anteil ist, «im» Geschäft zu arbeiten, und welche Effekte es haben kann, mehr «am» Unternehmen und dessen Entwicklung zu arbeiten. Darüber nachzudenken lohnt sich, um festzustellen, wo man sich selbst im Weg steht.
Wo in der Wertschöpfungskette geht Autohäusern/Garagenbetrieben am meisten Potenzial verloren?
In den meisten Fällen wird nur der angefragte Bedarf der Kundschaft gedeckt. Man nimmt sich nicht die Zeit oder hat gar nicht das Interesse oder die Fähigkeiten, ein Bedürfnis zu entdecken und zu wecken! Nur über die Befriedigung der Bedürfnisse der Kundschaft entsteht wirkliche Kundenbindung und Kundenzufriedenheit – danach gelingt Wertschöpfung aus Upselling und Zusatzverkäufe einfacher. Das gilt besonders für Produkte wie Reifen, die seitens der Kundschaft gerne auf den Preis reduziert werden. Nehmen wir auch das Beispiel der eingelagerten Kundenräder – allein dort schlummert ein ungenutztes Potential möglicher Reifen- und Dienstleistungsverkäufe. Wir sprechen von einem Potential von bis zu 25 Prozent der Einlagerungen, da diese einen Schaden oder Verschleiß haben.
Im «Branchenspiegel» der Autogewerbe Treuhand der Schweiz AG (Figas) steht unter anderem der Satz: «Der Bruttogewinn aus dem Reifenhandel ist nach wie vor unverzichtbarer Bestandteil jeder autogewerblichen Erfolgsrechnung und verdient hohe Beachtung.» Wo sehen Sie gerade im Reifenbereich am meisten Potenzial?
Ein Satz aus dem Lehrbuch und daher sicher theoretisch richtig. Ich stelle diese Fragen: kennen Unternehmen die Gewinne aus dem Handel mit Reifen im Detail oder zumindest innerhalb der bekannten Segmente? Kennen sie die Elastizität in der Kalkulation und wissen, wo sie Marge nicht abschöpfen? Liegt der Segen wirklich darin, im Einkauf die letzten 0,25% Kondition aus dem Lieferanten zu pressen, wenn gleichzeitig Personal nicht in der Lage ist, den Rohertrag mathematisch richtig zu rechnen oder gut kalkulierte Preise auch im Verkauf durchzusetzen und auf die Gewährung von «Nachlässen» zunehmend zu verzichten? Allein aus der Überprüfung und Bearbeitung dieser Punkte ergibt sich ein messbares Potential.
Was raten Sie Unternehmern im Autogewerbe grundsätzlich?
Es sind zwei Punkte, auf die wir hinweisen. Erster Punkt ist die Entwicklung des Personals und damit auch der eigenen Person, um das Geschäft auch langfristig erhalten zu können. Jetzt und nicht erst demnächst muss das gesamte Team mit den neuen Realitäten (Lieferengpässen, Versorgungslücken, Preissteigerungen als Beispiel) umgehen können. Wenn der Liter Diesel drei Franken kosten wird, wird der Verkauf von neuen Reifen oder Services nicht mehr nach dem bisherigen Muster funktionieren! Der zweite Punkt ist eine aktive Kundenansprache, um sich als Fachgeschäft und Dienstleister im Bewusstsein der Kundschaft festzusetzen. Die Professionalität mancher Online-Portale hat den Fachhandel in Bezug auf Kundenorientierung und After Sales bereits überholt. Heißt es bei Amazon z.B. «Andere Kunden kauften auch …» schweigt sich der Fachhandel zu oft über seine Angebote aus.
Das ganze Interview finden Sie in der nächsten Ausgabe des Autoinside!
Bedürfnisse entdecken und wecken, statt nur den angefragten Bedarf der Kunden decken: Hartmut Hennig, Unternehmensberater und Prozessoptimierer. Foto: didactic-network
kro. Wo steckt grundsätzlich am meisten zusätzliches Potenzial in einem Autohaus? Anders gefragt: Wo stehen sich die Unternehmer im Autogewerbe am meisten selbst im Weg?
Hartmut Hennig: Die aktiven und die progressiven Unternehmer gehen jeden Tag ins Geschäft um erfolgreich zu bleiben oder zu werden und Potentiale auszuschöpfen. Dabei hat sich das «Tagesgeschäft», und damit meine ich das Kundenverhalten, deutlich verändert. Manche sprechen gerne vom «hybriden Kunden», dessen Kauf- bzw. Entscheidungsverhalten sich verändert hat. Im Zusammenhang mit dem Produkt Reifen richtet sich der Verbraucher nach wie vor am Preis aus. Sich mit den notwendigen Leistungen und Angeboten darauf einzustellen, gelingt nur dann, wenn sich Unternehmen flexibel bewegen können. Ein anderer Punkt sind die täglichen Arbeiten im Geschäft, deren Delegation nicht im möglichen Umfang genutzt wird: Zu vieles ist «Chefsache»… Wir überlegen gemeinsam mit unseren Kunden, wie hoch der momentane Anteil ist, «im» Geschäft zu arbeiten, und welche Effekte es haben kann, mehr «am» Unternehmen und dessen Entwicklung zu arbeiten. Darüber nachzudenken lohnt sich, um festzustellen, wo man sich selbst im Weg steht.
Wo in der Wertschöpfungskette geht Autohäusern/Garagenbetrieben am meisten Potenzial verloren?
In den meisten Fällen wird nur der angefragte Bedarf der Kundschaft gedeckt. Man nimmt sich nicht die Zeit oder hat gar nicht das Interesse oder die Fähigkeiten, ein Bedürfnis zu entdecken und zu wecken! Nur über die Befriedigung der Bedürfnisse der Kundschaft entsteht wirkliche Kundenbindung und Kundenzufriedenheit – danach gelingt Wertschöpfung aus Upselling und Zusatzverkäufe einfacher. Das gilt besonders für Produkte wie Reifen, die seitens der Kundschaft gerne auf den Preis reduziert werden. Nehmen wir auch das Beispiel der eingelagerten Kundenräder – allein dort schlummert ein ungenutztes Potential möglicher Reifen- und Dienstleistungsverkäufe. Wir sprechen von einem Potential von bis zu 25 Prozent der Einlagerungen, da diese einen Schaden oder Verschleiß haben.
Im «Branchenspiegel» der Autogewerbe Treuhand der Schweiz AG (Figas) steht unter anderem der Satz: «Der Bruttogewinn aus dem Reifenhandel ist nach wie vor unverzichtbarer Bestandteil jeder autogewerblichen Erfolgsrechnung und verdient hohe Beachtung.» Wo sehen Sie gerade im Reifenbereich am meisten Potenzial?
Ein Satz aus dem Lehrbuch und daher sicher theoretisch richtig. Ich stelle diese Fragen: kennen Unternehmen die Gewinne aus dem Handel mit Reifen im Detail oder zumindest innerhalb der bekannten Segmente? Kennen sie die Elastizität in der Kalkulation und wissen, wo sie Marge nicht abschöpfen? Liegt der Segen wirklich darin, im Einkauf die letzten 0,25% Kondition aus dem Lieferanten zu pressen, wenn gleichzeitig Personal nicht in der Lage ist, den Rohertrag mathematisch richtig zu rechnen oder gut kalkulierte Preise auch im Verkauf durchzusetzen und auf die Gewährung von «Nachlässen» zunehmend zu verzichten? Allein aus der Überprüfung und Bearbeitung dieser Punkte ergibt sich ein messbares Potential.
Was raten Sie Unternehmern im Autogewerbe grundsätzlich?
Es sind zwei Punkte, auf die wir hinweisen. Erster Punkt ist die Entwicklung des Personals und damit auch der eigenen Person, um das Geschäft auch langfristig erhalten zu können. Jetzt und nicht erst demnächst muss das gesamte Team mit den neuen Realitäten (Lieferengpässen, Versorgungslücken, Preissteigerungen als Beispiel) umgehen können. Wenn der Liter Diesel drei Franken kosten wird, wird der Verkauf von neuen Reifen oder Services nicht mehr nach dem bisherigen Muster funktionieren! Der zweite Punkt ist eine aktive Kundenansprache, um sich als Fachgeschäft und Dienstleister im Bewusstsein der Kundschaft festzusetzen. Die Professionalität mancher Online-Portale hat den Fachhandel in Bezug auf Kundenorientierung und After Sales bereits überholt. Heißt es bei Amazon z.B. «Andere Kunden kauften auch …» schweigt sich der Fachhandel zu oft über seine Angebote aus.
Das ganze Interview finden Sie in der nächsten Ausgabe des Autoinside!
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