Liebe auf den zweiten Blick

Automobil-Mechatronikerin

Liebe auf den zweiten Blick

30.September 2021 agvs-upsa.ch – Liliane Schmid bildet sich bei der Garage Marti AG in Niedergösgen SO zur Automobil-Mechatronikerin aus. Ein Umweg war nötig, bis sie den Beruf fand, in dem ihr Talent vollends zur Geltung kommt. Ein Gespräch über die Faszination Automobil, Klischees und einen MG ZS 180 als springenden Punkt.


Foto: AGVS-Medien

cst. Manchmal braucht das Glück einen zweiten Anlauf. Bei Liliane Schmid war das so. Heute steht sie bei der Garage Marti AG in Niedergösgen SO im dritten Lehrjahr als Automobil-Mechatronikerin. Es ist 7.30 Uhr, als sie eine Diagnose an einem Kundenfahrzeug durchführt. «Fortschritte bei der Reparatur zu sehen und Defekte erfolgreich zu beheben, gibt mir ein sehr gutes Gefühl», erklärt die 22-Jährige mit einem Lächeln. Liliane Schmid fasziniert die Synergie zwischen praktischem und theoretischem Wissen. «Was ich in der Berufsschule lerne, sehe ich am nächsten Tag im Werkstattalltag gleich vor meinen Augen. Das ist grossartig.»

Dieses gute Gefühl bei der Ausbildung wollte Liliane Schmid eigentlich schon während ihrer Erstlehre als Fachfrau Betreuung mit Schwerpunkt Betreuung von Beeinträchtigten erleben. Richtig Klick gemacht hat es aber nie – auch nicht, als sie eine Zeit lang auf dem Beruf arbeitete. «Ich merkte, dass sich etwas ändern muss und es nicht verwerflich ist, einen neuen Weg einzuschlagen», blickt sie zurück. Doch welcher ist der richtige? Der Zufall wollte es, dass ihr alter MG ZS 180 genau zu diesem Zeitpunkt wieder einen Defekt erlitt. Sie kaufte sich ein Fachbuch und kontrollierte, was beim letzten Service erledigt wurde und eruierte, um welchen Fehler es sich handeln könnte. 

Beim Durchlesen packte sie der Ehrgeiz. «Ich will den MG selbst wieder auf Vordermann bringen», sagte sie sich. Schmid nahm ihren Mut zusammen, schnappte sich ihre Bewerbungsunterlagen und gab diese bei der Garage Marti AG persönlich ab. Diese kannte sie vom Vorbeifahren. «Dass ich meine Dokumente Inhaber Bruno Christen überreichte, realisierte ich erst, als ich wieder zu Hause war», sagt sie und schmunzelt. Noch in derselben Woche stand sie erstmals in der Werkstatt und absolvierte eine Schnupperlehre. Es harmonierte so gut, dass sie wenig später den Lehrvertrag unterschrieb.

«In meiner Erstlehre habe ich viel gelernt, vor allem zwischenmenschlich», erklärt Liliane Schmid. «Glücklich bin ich aber erst im Autogewerbe geworden.» Im Team, dem auch eine zweite angehende Automobil-Mechatronikerin angehört, fühlt sie sich wohl. «Wir haben es sehr gut untereinander. Zwar ist der Umgangston manchmal etwas ruppig, aber das ist ein ideales Übungsumfeld, um nicht alles immer persönlich zu nehmen.» Warum es jährlich nur eine Handvoll Frauen sind, die eine Lehre als Automobil-Mechatronikerin beginnen, darüber kann sie nur Vermutungen anstellen. «Ich denke, dass Frauen generell höhere Erwartungen an sich selbst stellen und vor dem Respekt, einen technischen Beruf zu lernen, zurückschrecken», glaubt Schmid. Zudem hindere das weitverbreitete Bild, ein «Mannsweib» sein zu müssen, viele Frauen am Einstieg. «Dem ist aber überhaupt nicht so! Mittlerweile sind Frauen fester Bestandteil im Werkstattalltag.»
 
Liliane Schmid ist eine von insgesamt elf Lernenden, davon zwei weiblich, die bei der Garage Marti AG unter Vertrag stehen. Mangel an Nachwuchs gibt es bei der AGVS-Garage mit Standorten im Solothurnischen Niedergösgen und Hägendorf kaum. «Wir unternehmen viel, um geeignete Lernende zu finden und sie in vier verschiedenen Berufsgruppen auszubilden. Das zahlt sich aus», erklärt Ronnie Peier, stellvertretender Geschäftsführer und Leiter Technik (im Bild). Dazu gehören Social-Media-Aktivitäten, das Anbieten von Schnupperlehren, die Teilnahme am kantonalen Lehrstellenmarketing-Projekt «Erlebnistage Beruf» sowie der Besuch und das Vorstellen der Autoberufe an Mittelschulen. Darüber hinaus werden die offenen Ausbildungsplätze auf dem Lehrstellennachweis Lena sowie auf der eigenen Webseite ausgeschrieben.

Nebst Schmids defekten MG ZS 180 waren genau diese Bemühungen der Garage Marti AG sowie die Informationen seitens AGVS entscheidend für ihren Schritt ins Autogewerbe. «Die Berufsbildungsvideos auf autoberufe.ch beispielsweise geben einen super Einblick in den Betriebsalltag», erklärt sie. Im Allgemeinen rät sie Jugendlichen, die im Berufswahlprozess stehen, sich möglichst gut zu informieren und Schnupperlehren zu absolvieren. «Das hilft enorm», weiss Liliane Schmid aus eigener Erfahrung. «Und unbedingt über das Thema sprechen – egal, ob mit den Eltern oder den Kollegen, der Austausch ist sehr wertvoll!»
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